Wiederholungsgefahr bei Vermögensdelikten und Delikten gegen die Freiheit

Fragestellung

Im vorliegenden vom Bundesgericht zu beurteilenden Fall ging es um die Frage, ob mehrfache Nötigungen bzw. gewerbsmässige Erpressung im konkreten Fall eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit anderer darstellen, und ob - falls dies verneint werden sollte - dennoch Ersatzmassnahmen angeordnet werden können. 

Ausgangslage:


Die Staatsanwaltschaft  führt  ein Strafverfahren wegen mehrfacher Nötigung bzw. (eventuell gewerbsmässiger) Erpressung etc. Dem Beschuldigten wird im Wesentlichen vorgeworfen, als Inhaber eines Abschleppunternehmens über den Zeitraum vom März 2015 bis Dezember 2016 Fahrzeuge abgeschleppt und hernach deren Herausgabe verweigert bzw. von der umgehenden Begleichung der überhöhten Abschleppkosten oder der Unterzeichnung einer Schuldanerkennung abhängig gemacht zu haben. Auf diese oder ähnliche Weise soll er gegenüber insgesamt 27 Geschädigten vorgegangen sein.

Am 4. Dezember 2016 wurde der Beschuldigte im Zusammenhang mit einer entsprechenden Anzeige verhaftet und der Staatsanwaltschaft zugeführt. Mit Verfügung vom 7. Dezember 2016 wies das Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Dielsdorf den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Anordnung von Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr ab. Es auferlegte dem Beschuldigten stattdessen ein bis zum 7. März 2017 befristetes Verbot, einen Abschleppdienst zu betreiben.
 
Gegen den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts erhob die Staatsanwaltschaft am 7. Dezember 2016 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich mit dem Antrag auf Haftanordnung; eventualiter sei im Sinne einer Ersatzmassnahme ein Berufsverbot anzuordnen, wonach er weder eine Abschleppfirma betreiben noch in einer solchen als Angestellter arbeiten dürfe. Das Obergericht verfügte gleichentags die Haftentlassung. Mit Eingabe vom 19. Dezember 2016 erhob der Beschuldigte Beschwerde gegen den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts und beantragte die Aufhebung des Berufsverbots. Mit Beschluss vom 30. Dezember 2016 wies das Obergericht die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ab und hob das vom Zwangsmassnahmengericht verfügte Berufsverbot auf.

Gegen diesen Beschluss erhob die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, der vorinstanzliche Beschluss sei aufzuheben und dem Beschuldigten sei zu verbieten, für die Dauer von drei Monaten ein Abschleppunternehmen zu betreiben bzw. in einem solchen zu arbeiten.


Wiederholungsgefahr als Haftgrund:

Der allgemeine Haftgrund des dringenden Tatverdachts stand vorliegend ausser Frage. 

Wiederholungsgefahr verlangt nebst dem dringenden Tatverdacht auch, 
  • die ernsthafte Befürchtung,
  • der Beschuldigte werde durch ein schweres Verbrechen oder Vergehen 
  • die Sicherheit anderer erheblich gefährden,
  • wobei der Beschuldigte bereits früher gleichartige Straftaten verübt haben muss.
Auch das Vortatenerfordernis war vorliegend nicht problematisiert. Strittig war aber, ob die befürchteten Taten "die Sicherheit anderer erheblich gefährden". 

Das Bundesgericht hat wiederholt und auch vorliegend festgehalten, dass bei Wiederholungsgefahr "namentlich Delikte gegen die körperliche Integrität im Vordergrund stehen", aber "die erhebliche Gefährdung der Sicherheit anderer [könne sich] grundsätzlich auf Rechtsgüter jeder Art beziehen."

"Vermögensdelikte sind zwar unter Umständen in hohem Mass sozialschädlich, betreffen aber grundsätzlich nicht unmittelbar die Sicherheit der Geschädigten (Urteile des Bundesgerichts 1B_373/2016 vom 23. November 2016 E. 2.7; 1B_247/2016 vom 27. Juli 2016 E. 2.1 und E. 2.2.2; je mit Hinweisen). Insoweit fallen Delikte gegen das Vermögen unter dem Blickwinkel der erheblichen Sicherheitsrelevanz nur in Betracht, wenn sie besonders schwer sind und die Betroffenen besonders hart bzw. ähnlich treffen wie ein Gewaltdelikt."

Die Vorinstanzen haben vorliegend zu Recht die Sicherheitsgefährdung als nicht erheblich genug betrachtet. 

Ersatzassnahmen?

Besonders erfreulich ist, dass sowohl das Obergericht als auch das Bundesgericht 
in Bezug auf die Ersatzmassnahmen zu folgendem Schluss kamen: "Im Ergebnis lässt sich weder ein besonders schweres Vermögensdelikt noch eine erhebliche Gefährdung der Sicherheitslage anderer Personen annehmen. Damit fällt die von der Beschwerdeführerin beantragte Ersatzmassnahme ausser Betracht."