Wiederholungsgefahr

Zweck des Haftgrunds der Wiederholungsgefahr

Mit dem Haftgrund der Wiederholungsgefahr können grundsätzlich zwei verschiedene Zwecke verfolgt werden. Einerseits kann damit verhindert werden, dass das Verfahren infolge fortdauernder Delinquenz durch den Beschuldigten verzögert wird. Andererseits dient der Haftgrund der Wiederholungsgefahr auch der Spezialprävention, indem dem Beschuldigten das Weiterdelinquieren verunmöglicht wird.

Was ist Wiederholungsgefahr?

Die Anordnung von Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr verlangt gemäss Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO nebst dem allgemeinen Haftgrund des dringenden Tatverdachts

  • die ernsthafte Befürchtung
  • der Beschuldigte werde durch ein schweres Verbrechen oder Vergehen 
  • die Sicherheit anderer erheblich gefährden,
  • wobei der Beschuldigte bereits früher gleichartige Straftaten verübt haben muss. 

Ausnahmsweise kann Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr jedoch auch ohne einschlägige Vortaten angeordnet werden. Dies ist jedoch nur in absoluten Ausnahmefällen zulässig. Die Gefahr, dass die beschuldigte Person in Freiheit erneut gleichartige Taten verüben würde, muss besonders hoch erscheinen. 

Indizien für Wiederholungsgefahr

Indizien für oder gegen die Annahme einer besonders ungünstigen Prognose ergeben sich zum Beispiel aus:

  • der Anlasstat
  • dem Vorstrafenbericht
  • statistischen Faktoren
  • der persönlichen Situation des Beschuldigten
  • Risk-assessment-Instrumenten (z.B. ODARA, Dittmann-Katalog, Static 2002R, VRAG, SARA, PCL-R, SORAG)
  • einem Fokalgutachten

Weitere Voraussetzungen

Das Vorhandensein eines dringenden Tatverdachts und von Wiederholungsgefahr reicht aber ebenfalls noch nicht, damit Untersuchungshaft angeordnet werden darf. Einerseits dürfen keine milderen Massnahmen bestehen. Kann die Wiederholungsgefahr mit Ersatzmassnahmen (z.B. Sicherheitsleistung, Auflage betreffend Arbeit, ärztliche Behandlung oder Kontaktverbot) gesenkt werden, darf ebenfalls keine Untersuchungshaft angeordnet werden. Andererseits muss die Untersuchungshaft immer auch verhältnismässig sein.